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Wenn man halbwegs "seriös" versucht, die geballte musikalische Kraft, die Metallica nun bereits seit mehr als zwei Dekaden eindrucksvoll (inklusive 10 zeichensetzenden Alben, die nicht zuletzt der Grund dafür waren, dass Metallica als die "greatest hard rock band in history" angesehen wird) präsentiert, irgendwie zu beschreiben, bemerkt man schnell, dass dies ein Fass ohne Boden ist. Und so ist es denn auch erstaunlich, aber nicht überraschend, dass gerade das ursprüngliche, kompromisslose "St. Anger" - das erste Studio-Album seit dem '97er "Re-Load" - Metallica sofort und direkt wieder in die vorderste Reihe des Rock-Biz stellt.

All die Hindernisse und Unwegsamkeiten, die "St. Anger" vorausgingen, sind zum großen Teil bekannt. Risse im Motorblock der Maschinerie (die Bandmitglieder selbst pflegen ihre Band als die gut geölte "Metallica machine" zu bezeichnen) wurden langsam sichtbar. Dazu gehörte der etwas nebulöse Ausstieg des Bassisten Jason Newsted aus der Formation. Oder etwa James Hetfields freiwilliger Reha-Aufenthalt und sein Kampf gegen den Alkohol. Oder die öffentlichen Streitereien über die Thematik der illegalen Downloads. Dies sind nur einige, stellvertretende Punkte, die die bandinternen Querelen der Vergangenheit dokumentierten. Die es erheblich erschwerten, das Metallica-Schlachtschiff sicher zu navigieren. Probleme, die nicht verleugnet werden konnten.

Und das alles mit einem hohen Einsatz. Schließlich ging es um nicht weniger als die Zukunft der Band, ja, die Existenz der Band an sich. Die drei Köpfe - James Hetfield, Lars Ulrich und Kirk Hammett - und ihr mehrmaliger Produzent und Kollaborateur Bob Rock, standen plötzlich an einem existentiellen Scheideweg, der den Inhalten vieler Metallica-Songs zur Ehre gereicht hätte.

Das Neue daran war, dass Metallicas so schwieriger Überlebenskampf von jedem einzelnen Bandmitglied ganz allein durchgestanden werden musste - denn in diesen Momenten gab es das sonst so undurchdringliche Metallica-Schutzschild nicht mehr. Das bisher immer Garant dafür war, all den Mist und die Gerüchte und Geschichten, die sich automatisch entspinnen, wenn man seit mehr als 20 Jahren dem exklusivsten "Rock-Club" der Welt angehört, zu entschärfen und von den Jungs fernzuhalten. Die Bandmitglieder selbst gestehen im Nachhinein ein, dass sie mehr oder weniger "professionelle Spekulanten" gewesen sind in Hinblick darauf, ob Metallica nun in Richtung einer Neugeburt unterwegs war oder auf dem Weg, den letzten Lebenshauch zu machen.

"Das waren drei hochinteressante Jahre", sagt Lars Ulrich. "Und sehr schwere Jahre für uns. Kompliziert. Unbehaglich. Das war eine Reise, die uns zu unserem Innersten geführt hat, ins Innerste der Band, ins Innerste des Potentials eines menschlichen Wesens und der Musik und noch so vieler Dinge, von denen wir vorher nicht einmal wussten, dass es sie überhaupt gibt. Und wenn du mich fragst, müsste ich wohl zugeben, dass es das erste Mal in meinem Leben mit Metallica so weit war, dass ich mich mit dem Gedanken anfreunden musste, die Band zu Grabe zu tragen."


Es war ein schwerer Kampf, der gekämpft werden musste. Aber wer, wenn nicht Metallica, sollte für so etwas geeigneter sein? Die Resultate dieses Kampfes können nach Lars durchaus in dem Schweiß, Blut und den Grooves des neuen Albums "St. Anger" wiedergefunden werden. Vom donnernden Titel-Song und seiner ausgefeilten Gitarren- und Schlagzeugarbeit über die überraschenden Takt- und Tempowechsel in "Frantic", bis hin zu den rhythmischen Schlägen und dem schroffen Wechsel des fast spirituellen "My World" - Metallica haben es erneut geschafft, Musik zu kreieren, wie sie lebhafter, glaubhafter und aktueller nicht sein kann.

Die drei Bandmitglieder, die ein fast brüderliches Verhältnis zueinander haben, sind ohne musikalische Blessuren diesen Weg der eigenen Neudefinition gegangen. Mehr noch, sie scheinen stärker denn je. Denn "St. Anger" ist ein Longplayer, der eine gerade Linie zieht zu den bisher besten Metallica-Werken, wie beispielsweise dem '83er Klassiker-Opus "Kill 'Em All" und dem '86er "Master Of Puppets". Und mit seinem fast monumentalen Rahmen erinnert das neue Album sogar in bestem Sinne an das 15 Millionen schwere Meisterstück "Metallica", das unter dem Namen "Black Album" bekannt ist. Nichtsdestotrotz ist "St. Anger" offensichtlich ein Album, das vor 20 Jahren so niemals hätte entstehen können. Noch nicht einmal vor 10 Jahren, obwohl es - was die Power angeht - nicht besser passen könnte.

Laut Produzent Rock (dessen erste Zusammenarbeit mit Metallica genau dieses "Schwarze Album" war) komplettiert "St. Anger" einen kreativen Zyklus, den eben nur die besten Künstler schaffen zu vollenden. "Es ist meine Erfahrung, dass nur wirklich großartige Künstler es vollbringen, einen echten Volltreffer zu landen - so wie es Metallica mit dem 'Black Album' geschafft hat. Um dann alle persönlichen Erfahrungen, alle Regeln wieder über Bord zu werfen und es noch einmal zu versuchen, den Soul und die Wahrheit von Metallica einzufangen. Ich glaube, die wirkliche Vision für die Jungs war, wieder in der Zeit zurück zu gehen. In die Zeit, als sie sich getroffen und die Band gegründet hatten. Drei, vier Jungs, die sich sagten: 'Dies ist Musik, die wir lieben. Also lasst uns ein paar Songs schreiben'."

Für James, dessen ganz persönliches Problem vielleicht den Wendepunkt für Metallica markierte, ist das neue Album ein wichtiger Schritt für die Weiterentwicklung der Band - nicht nur als Bandkumpane sondern auch als Freunde. "In den frühen Metallica-Tagen ging es in erster Linie um Bruderschaft, Freundschaft. Wie man überlebt. Dass man sich aufeinander verlassen kann... Als die ganze Geschichte dann immer größer wurde, haben wir den Freundschafts-Aspekt etwas aus den Augen verloren, uns mehr darum gekümmert, wo das alles wohl hinführt. Man wird ein wenig abwehrender, auch, um sich selbst zu schützen. Und dadurch auch etwas isolierter. Bestimmte Faktoren haben es jetzt aber nötig gemacht, wieder etwas mehr in uns zu gehen, über uns nachzudenken und uns auf unsere Freundschaft zu besinnen. Das hat uns stärker gemacht denn je, da wir heute genau wissen, was wir tun und einen ganzen Haufen Erfahrungen mit uns herumtragen."

Ein Teilaspekt der neuen Selbstfindung und der Wiederherstellung "familiärer" Bande war natürlich auch die Tatsache, dass Newsted die Band verlassen hatte und für ihn Ersatz gefunden werden musste. Hier nun kommt der Bassist Rob Trujillo ins Spiel - der neue Mann, früheres Mitglied der Suicidal Tendencies und einer der Masterminds hinter der '90er Kult-Band Infectious Grooves. Ein überall geschätzter Bassist, der u.a. auch schon für keinen Geringeren als Ozzy Osbourne gespielt hat.

Alle drei Bandmitglieder waren aus dem Stand von Trujillo begeistert, und so war die Beschädigung der Metallica-Rüstung schnell wieder behoben. Dabei kam Trujillo allerdings zu spät an Bord, um noch auf "St. Anger" mit von der Partie zu sein. Irgendwie hatten die Metallica-Jungs aber auch gar keinen Grund, sich zu sehr mit der "Bassisten-Suche" unter Druck zu setzen. Schließlich gibt es da ja auch noch Bob Rock, der zusätzlich dazu, dass er der Co-Produzent und Co-Songwriter auf "St. Anger" war, ohnehin immer als das "vierte Bandmitglied" dabei war. Bob trat sogar (und das sehr meisterlich) bei einigen Live-Gigs zusammen mit den Jungs auf. Aber, wie es Metallica-Gitarrist Kirk Hammett sagt, Trujillo und Metallica, da passt die Chemie wie füreinander geschaffen. "Von der allerersten Probe an hat Rob uns schlicht weggeblasen - er hat so einen grandiosen Sound und wie er spielt, erinnert stark an Cliff Burton. Wir mochten den Sound sofort. Er deckt das gesamte Spektrum ab. Er hat einen tollen Sound und zusätzlich ist er auch noch ein großartiger Typ." James fügt an: "Er hat ein echtes Pfund. Diese unglaubliche Kraft, die da aus seinen Fingern kommt. Er ist ein wahres Energiebündel und sehr virtuos, dabei trotzdem sehr ruhig und ausgeglichen. Er hat musikalisch viel zu bieten, aber seine Persönlichkeit ist fast noch wichtiger. Er ist heiß, er ist bereit, er passte sofort bestens zu Metallica und brachte neuen Glanz in die Musik."

Ein weiterer Aspekt von Metallicas neuem Selbstverständnis ist für Hammett die Tatsache, dass er sich neuerdings auch an den Texten beteiligt - was bisher immer ausschließlich James und Lars Aufgabe war. "Zu Anfang wollte ich da gar nichts mit zu tun haben, das war James' Job. Aber Bob war so unnachgiebig. Ich habe James angeschaut und gefragt 'Mensch, wie soll ich das denn machen?' James sagte: 'Lass es einfach aus dir rausfließen.' Also habe ich ein paar Zeilen aufgeschrieben und James hat die guten rausgesucht. Das war für mich eine großartige Erfahrung und ich glaube, es passt alles sehr gut zu dem neuen Album. Wenn es da so eine Art 'Grundtenor' gibt, ist es eben der, dass man sich selbst gegenüber ehrlich sein muss und wie verdammt wichtig dies auch im großen, allgemeinen Kontext zu sehen ist."

Was direkt zum nächsten Punkt führt, der in der Metallica-Gemeinde diskutiert werden wird. Nämlich die fast epischen Arrangements und die musikalischen Nuancen auf "St. Anger". Für eine Band, die sich sozusagen in den Geburtswehen einer Neugeburt befindet, oder, anders gesagt, in einer Art kollektivem Heilungsprozess, haben sie ohne Zweifel erstaunlich heavy, knochenharte und aggressive Musik geschrieben. Zur überschwenglichen Freude der Hardcore-Fans, die geduldig alles mitgemacht hatten - von ihrem Cover-Album "Garage Inc." (1998), einer Hommage an die Songs, die sie beeinflusst hatten, bis hin zu den symphonischen Klängen von "S&M", einem mitreißenden Experiment, das Metallica zusammen mit dem berühmten Produzenten/Komponisten/Arrangeur Michael Kamen und der San Francisco Symphony präsentiert hat. "St. Anger" wird den ausgedörrten Fankehlen reichlich zu schlucken geben. Aber es werde scharfe Drinks sein. Echtes Feuerwasser...

Lars sagt allerdings, dass es keinerlei Vorsatz gab, das neue Album nun extra hart oder laut zu machen. "Ich glaube, das wirklich besondere an Metallica ist, dass wir stilistisch unterschiedliche Dinge machen können. Sei es das Material anderer Leute (wie bei 'Garage Inc.'), was wir uns jahrelang schon überlegt hatten. Der Musik zu huldigen, die schließlich ein Grund dafür war, dass wir Metallica überhaupt gegründet hatten. Oder das 'S&M'-Album. Im Vorfelde dieses symphonischen Materials erhielten wir einen Anruf von Michael Kamen, der das machen wollte, und die Band war von der Herausforderung sofort gefesselt - das war etwas, was wir schon immer gewollt hatten. Aber jetzt sind wir wieder zurück, machen die Sachen, von dem die Leute wissen, dass es Metallica pur ist, natürlich und authentisch. Eine ganz andere Geschichte ist die Tatsache, dass wohl viele Leute die Auffassung haben, dass, wenn etwas sehr, sehr energiegeladen sein soll, dies nur aus negativer Energie entstehen kann. Ja, Metallica selbst wurde für über 20 Jahre von negativer Energie angetrieben. Jetzt, nachdem wir viel an uns selbst und an unseren Beziehungen gearbeitet haben, haben wir die Vorzeichen umgekehrt. Metallica wird jetzt von der positiven Energie angetrieben, die uns durchströmt, die ein Teil von uns ist und die den Sound des neuen Albums ausmacht."

Nur ein Beispiel: "Some Kind Of Monster" mit seinem trotzigen, ja gefährlichen Refrain - aber dennoch, unterschwellig, mit einer Art Beteuerung: "this is the voice of silence no more." Man beginnt zu verstehen, wie komplex und mannigfaltig die Dynamik ist, die dazu nötig war, ein weltberühmtes Gebilde wie Metallica weiter zu führen, ja, es möglich zu machen, einen so großen, persönlichen Triumph zu kreieren wie "St. Anger". Nach James Meinung beginnt dieser ganze Prozess in einem viel ruhigeren Ambiente denn in einem Aufnahme-Studio. "Das entstand in uns, als wir realisierten, dass sich die Welt nicht nur um Metallica dreht. Für mich startete es damit, dass ich mir sagte: 'Mein Name ist James Hetfield'. 'St. Anger' bedeutet für mich, dass wir jetzt unsere innere Ruhe gefunden haben, die Ruhe, die nötig war, um so ein 'Monster'-Album machen zu können, das von Anfang bis Ende Vollgas gibt. 'Anger' ist eine Energie. Ein Gefühl. 'Anger' hat einen schlechten Namen, aber es kommt doch darauf an, was du daraus machst. Ich könnte versuchen, diese Energie abzuleiten, sie zu unterdrücken, dabei kann sie aber doch eine so enorme Quelle der Kraft sein. Und Metallica hat sich schon immer an Orte vorgewagt, wo wir eigentlich nicht hingehörten. Wir haben einmal mehr die Zäune niedergerissen. Nicht mehr, nicht weniger."



 Metallica Discography

Kill 'Em All - Juli 1983
Ride The Lightning - August 1984
Master Of Puppets - Februar 1986
Garage Days Re-Revisited - August 1987
And Justice For All - August 1988
Metallica - August 1991
Load - Juni 1996
Re-Load - November 1997
Garage Inc. - November 1998
S&M - November 1999

St. Anger - Juni 2003